Hallo Herr Falken,
ich diskutiere gerne über einzelne Leistungsarten, mögliche Leistungen, bereits erlebte Leistungsfälle, Sinn/Unsinn mancher Klauseln. Alles. Aber ich diskutiere nicht darüber, dass bzw. ob eine Unfallversicherung sinnvoll bzw. ob man sie öffentlich im Namen "aller Versicherungsberater" als unnütz bezeichnen und auf eine Stufe mit Handy- Brille und Co. setzen darf.
Vielleicht wäre ich gar nicht mal so "angezickt" gewesen, wenn es nicht so ein Rundumschlag gewesen wäre und wenigstens für die Hausfrauen/Hausmänner, Kinder und die Leute, die keine BU haben können, als sinnvoll erachtet worden wäre. Das Beispiel mit dem Extremsportler ist auch fehl am Platz.
Ich kenne das Handelsblatt gut und habe dort auch schon einige Interviews gegeben, die veröffentlicht wurden. Natürlich wollen die schwarz/weiß, natürlich kann nicht immer alles ganz umfänglich gedruckt werden. Aber ich habe immer den Artikel vorher zur Ansicht bekommen und konnte veto einlegen, was auch immer berücksichtigt wurde. Insofern ist das für mich überhaupt kein Argument.
Das Problem der hohen Gewinne ist a) das vergessen, das ist richtig, Herr Falken und b) die schnelle Zufriedenheit der Verbraucher. Die Gutachten müssen geprüft werden, der Inv-Grad ist viel zu oft viel zu niedrig. Hier muss das Bewusstsein der Verbraucher geweckt werden, dass 10.000 € viel Geld sind, ja. Aber dem Versicherer und Gutachteninstituten, wie IMB und Co. zu vertrauen, dass das schon passt, ist grob fahrlässig. 10.000,00 € sind zu wenig, wenn die richtige Summe 20.000,00 € sind. Und das passiert, weil die Leute gar nicht erwarten wegen eines "popeligen" Knochenbruchs so viel Geld zu bekommen.
Unfall ist beitragsmäßig nahe an der Haftpflicht. Die Leistungszahlungen sind es auch. Wir kennen sicher alle sehr viele Leute, die Haftpflichtschäden in Größenordnungen "paar hundert Euro" bis "paar tausend Euro" haben/hatten. Wo sind die Hundertetausende/Millionenschäden? Richtig. Selten. Also wird die Gewinnspanne bei Haftpflicht nun nicht viel anders sein, als bei Unfall. Haftpflicht ist vielleicht etwas preiswerter, dafür sind die Kleinschadenbereiche sicherlich etwas höher, dafür der Gewinn sicherlich geringer. Käme da jemand auf die Idee zu sagen: Haftpflicht braucht man nicht? Mit dem Argument, dass Versicherer daran ja so unglaublich viel verdienen?
Jeder Versicherer verdient am Geschäft! In jeder Sparte! Das sind Wirtschaftsunternehmen. Wäre das anders, gäbe es die Sparte nicht bzw. zu anderen Preisen. (siehe WG-Versicherungen - wo sich der eine oder andere VR verabschiedet hat bzw. kräftig am Preis dreht).
Ich hatte kürzlich leider einen Fall, wo ein Mandant zu mir kam, der parallel einen anderen VB beauftragt hatte. Dieser hatte ihm geraten, seine Unfall zu kündigen. Da bin ich fast aus allen Wolken gefallen und musste Fassung bewahren und drumrumreden, um den Kollegen nicht bloßzustellen und zu diskreditieren. Glücklicherweise hat der Mandant auf mich gehört und die schon vorbereitete Kündigung wieder weggeworfen.
Man stelle sich bitte einmal vor: Sie raten einem Mandaten zur Kündigung seiner Unfall und dann hat er einen folgeschweren Unfall. Was das haftungsrechtlich mit Ihnen macht, dürfte uns allen klar sein. Insofern halte ich es schon aus haftungsrechtlichen Gründen für ein Unding von Unfallversicherungen abzuraten oder gar die Kündigung anzuraten. Das würde ich von Maklern erwarten - aber bitte nicht von Versicherungsberatern. Wenn Vz, BdV, Finanztest und Co. sowas machen, gut, deren Sache. Die haften nicht! Sie bzw. wir alle schon. Also bitte nicht ungefiltert nachplappern.
Wenn ein Mandant von sich aus keine Unfallversicherung will (das kommt natürlich auch bei aufklärender Beratung vor) kann ich nur dringend anraten, das ordentlich zu dokumentieren.
Das große Problem in der Versicherungsbranche allgemein ist nämlich, dass viele Leute einfach nur "nachplappern" und teilweise Dinge beraten, von denen sie keinen Ahnung haben. Versicherungsberater leider nicht ausgenommen.
Und ja, ich bin angesäuert. Das kann und darf man ruhig merken. Wenn ich nämlich dann noch auch meinen Einwand der falschen Berichterstattung als Antwort erhalte.... "meine Ansicht ist aber...:" erhalte, dann werde ich doppelt fuchsig. Außer mir hat kein Versicherungsberater in der Unfall-Leistungsabteilung gesessen. Ich habe abertausende Leistungsfälle Unfall bearbeitet. Zig Gutachten gelesen. Tausende Schicksale miterlebt. Und da kommt mir jemand mit "meine Ansicht ist aber..."
Das ist so, als wenn der Mathelehrer sagt 5+5=10 und der Schüler sagt: Ich finde aber, es könnten auch 11 sein. Bitte! Schuster bleibt bei euren Leisten und alles ist gut. Man muss auch mal sagen können: Weiß ich zu wenig drüber, aber ich kenn da jemanden....
So, abgeregt. ;-)
MfG
Baumeister